Vor ein paar Jahren hieß es vollmundig, in Berlin werde die Bildungsgangempfehlung der Grundschule für den weiteren Bildungsweg nach der sechsten Klasse abgeschafft. Das klang fast so, als werde der Elternwille, der in diesem Alter längst auch den Willen der Kinder widerspiegeln sollte (!), an dieser Stelle gestärkt – zulasten der bisherigen, eindeutig subjektiv geprägten Empfehlung auf der Grundlage von Schulnoten (deren Objektivität wiederum ein ganz eigenes Thema ist).
Ja. Die alte Bildungsgangempfehlung (auch unter den Begriffen „Grundschulempfehlung“, „Lehrerempfehlung“, „Gymnasialempfehlung“ etc. bekannt) wurde mit den jüngsten Veränderungen in der Berliner Schullandschaft tatsächlich abgeschafft – zumindest der Begriff. Stattdessen wurde die sog. Förderprognose eingeführt – das klingt ja erstmal wie ein Versprechen.
Leider gleicht die sog. Förderprognose der bisherigen Grundschulempfehlung beinahe, wie ein Ei dem anderen. Die Kernaussage nämlich, ob aus Sicht der Grundschule neben der Integrierten Sekundarschule für das betreffende Kind auch ein Gymnasium als geeignet erscheint, leitet sich weiterhin im Wesentlichen aus einem Notendurchschnitt – genauer: dem der letzten beiden Halbjahreszeugnisse – ab. Die Hauptfächer Deutsch, Mathematik, Naturwissenschaften sowie die erste Fremdsprache werden für diesen Notendurchschnitt doppelt gewertet. Abgesehen von der Tatsache, dass der Reduzierung der verschiedenen Oberschultypen auf Gymnasium und Integrierte Sekundarschule Rechnung getragen wurde, ist also im Prinzip alles beim Alten geblieben.
Solch geringfügige Veränderungen sind einer neuen Bezeichnung nicht wert. Doch viel schlimmer noch: der Begriff Förderprognose suggeriert, es ginge in irgendeiner Form um die Förderung des betreffenden Kindes und nicht um dessen Beurteilung. Bei genauer Betrachtung stellt man allerdings fest, dass es sich schlicht und ergreifend weiterhin um einen auf zwei DIN A4 Seiten reduzierten Bewertungsbogen handelt! Der Förderbedarf des Kindes nimmt auf diesem Papier jedoch den geringsten Raum ein und muss sich diesen auch noch mit den besonderen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen des Kindes sowie dessen Eignung für den Besuch einer Schule mit einem besonderen Schwerpunkt teilen.
Am Ende ist der Begriff „Förderprognose“ reine, politisch motivierte Augenwischerei. Die Zeit und die Energie, die für die (Er)findung eines neuen Namens für ein überkommenes, vollkommen fragwürdiges Verfahren verschwendet wurden, hätte man besser in etwas wirklich Sinnvolles stecken sollen. (mrx)
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